Innere Sehnsüchte und äußerer Druck

Mona Willi im Filmgespräch mit Oliver Baumgarten

Ein Gespräch mit der Gewinnerin des Filmstiftung NRW Schnitt Preis Spielfilm 2016, Mona Willi, gemeinsam mit Claudia Linzer ausgezeichnet für die Montage von Thank you for Bombing (Regie: Barbara Eder)

Du hast den Schnitt des Films zusammen mit Claudia Linzer verantwortet. In welchem Moment bist Du zum Projekt gestoßen, und wie sah zu diesem Zeitpunkt die Struktur der drei Episoden aus?
Monika Willi: Claudia hat zusammen mit Barbara den Film in seiner ursprünglich gedachten Erzählweise geschnitten. Die drei Episoden sollten ineinander verwoben erzählt werden. Ich wurde um einen frischen Blick gebeten, Claudia wiederum hatte für die kommenden Monate bereits lange einen anderen Film zugesagt – so habe ich geschaut und begonnen, die Geschichten hintereinander zu erzählen.

Wie sehr musstest Du mit der Aufhebung der verschränkten Erzählweise auch die Charakterisierung der Figuren anpassen?
Monika Willi: Wenn man springt, immer nur für einen relativ kurzen Zeitraum bei einer Figur verweilt, kann man deren Charakter und die Eigenheiten der Situation viel extremer als in einer kompakten Version erzählen. Bleibe ich bei der Figur, genügt weniger, um sie zu verstehen, um mit ihr mitzugehen. Wiederholungen werden, auch wenn sie realistisch sind und gerade bei diesem Film inhaltlich wesentlich, schnell als redundant empfunden.

Jede der drei Episoden und Hauptfiguren hat einen eigenen Rhythmus. Inwieweit hast Du den im Schnitt noch jeweils verstärkt herausgearbeitet?
Monika Willi: Der Rhythmus jeder Episode liegt im Spannungsfeld zwischen innerer Befindlichkeit und äußerem Druck. Es war uns wichtig, die unterschiedlichen Motivationen für den jeweiligen Charakter herauszuarbeiten, die Sehnsüchte, letztlich auch die Einsamkeit. So ähnlich das Arbeitsumfeld auch sein mag, so verschieden der jeweilige Antrieb. Durch diese Differenzierung entstehen verschiedene Takte. 

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Traumatisches Leid, Druck und Schmerz der Kriegsberichterstatter bilden eines der Zentren der Geschichten. Habt Ihr an der Dosierung der teilweise heftigen Momente lange geschraubt?
Monika Willi: Wirklich lange – oder besser gesagt, immer wieder – haben wir an der zentralen Lana-Szene gearbeitet. Das lag an der Art der Inszenierung  – Barbara gab den Schauspielern viel Spielraum für Improvisation – aber auch an der heiklen Situation an und für sich. Die Darstellung der wechselnden Mächteverhältnisse gelingt nur durch Zeit. Figuren und deren Integrität werden, in Extremsituationen falsch geschnitten, sehr schnell beschädigt. Das zu erkennen, bedarf immer wieder eines gewissen Abstands.

Hast Du Einfluss auf die Wahl der Musik gehabt? 
Monika Willi: Mein Einfluss war es, den Komponisten vorzuschlagen bzw. in meinem ersten Rohschnitt mit bereits vorhandenen Stücken von Wolfgang Mitterer zu arbeiten. Ich schätze ihn außerordentlich, kannte ihn von der Zusammenarbeit einer der KATHEDRALEN DER KULTUR – Episode von Michael Glawogger. Er hatte parallel zum Zeitpunkt des Filmschnitts von THANK YOU FOR BOMBING auch schon begonnen, an der Musik von UNTITLED zu arbeiten, dem Film, den wir nach dem Tod von Michael Glawogger aus dem Filmmaterial realisiert haben, das er bis zu seinem Tod gedreht hat.

Interview: Oliver Baumgarten

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